Anfangs März fand im Süden Marokkos das Agadir Enduro statt, eine viertägige Orientierungsfahrt nach GPS. Mit dabei auch unsere Instruktoren Dirk Thelen und Rolf Lüthi. Es ist schon Tradition, dass Dirk an dieser für Sportenduros konzipierten Veranstaltung mit übergewichtigen Reiseenduros antritt. Dieses Jahr tauchte er mit der neuen BMW F 850 GS auf. Neckisch: Während sich die internationale Fachpresse an der von BMW organisierten, offiziellen Modellvorstellung verwöhnen liess, waren wir von Dany Wirz Offroad in Marokkos Hinterland für den echten Härtetest besorgt.
(Bild: Dirk Thelen auf der brandneuen BMW F 850 GS, Rolf Lüthi auf seiner nicht mehr ganz neuwertigen KTM 525 EXC Racing).
Denn dieses Jahr war die Strecke des Agadir Enduro wirklich schwer, weil es am ersten Fahrtag im Süden Marokkos ununterbrochen regnete. Das sonst staubig-steinige Terrain war schlammig-glitschig und Flüsse schwollen an.
An einer furchterregenden Flussdurchfahrt wurde ein anderer Fahrer samt seinem Motorrad weggeschwemmt, und Dirk erwies sich als echter Endurist: Er schob den Wettbewerbsgedanken unverzüglich beiseite und barg den Unglücklichen aus den Fluten, wobei er zeitweise in brusttiefem Wasser watete. Erst am vierten und letzten Tag des Agadir Enduro war der Himmel wie erwartet blau und wolkenlos, derweil die sonst wüstenähnliche Gegend ergrünte.
Die praktisch serienmässige BMW F 850 GS bewährte sich bei diesen entarteten Einsatz überraschend gut und damit kämen wir, spät, aber doch, zum eigentlichen Thema dieser Rubrik: Die neue Enduroreifen-Generation von Michelin. Wir verschlissen im Dienste des Lesers am Agadir Enduro unter anderem einen Reifensatz Michelin Enduro Medium der Dimension 90/90-21 und 140/80-18. Diese setzte Rolf samt der passenden Mousse auf seiner KTM 525 EXC Racing ein. In Marokko sind Mousse unverzichtbar, da es nicht nur kilometerweit über schnelle, steinige Pfade geht, sondern weil auch überall Scherben, Nägel und Drahtstücke rumliegen und zudem die spitzen Akaziendornen hart genug sind, um einen Reifen zu durchstechen. Ursprünglich wollten wir in Erwartung steiniger, trockener Pisten vorne den Michelin Enduro Hard verwenden, doch der Gott aller Enduristen hatte eingegriffen und alle 21er Reifen in harter Mischung aufgekauft, sodass wir wegen eines kurzfristigen Lieferengpasses auch vorne auf Medium umschwenkten. Angesichts der dann angetroffenen Streckenbedingungen ein Glücksfall.
Bei den schwierigen Traktionsverhältnissen im glitschigen Schlamm war vor allem der Vorderreifen eine echte Hilfe. Es gab keine überraschenden Rutscher, dafür vorhersehbare Führung auch im verspurten Matsch. Der hintere Reifen bot wie von Michelin erwartet gute Traktion, gepaart mit stabiler Seitenführung. Beide Reifen überzeugten mit hoher Performance unter allen Bedingungen, die es am Agadir Enduro zu meistern galt: Steinige Hochgeschwindigkeitspassagen, Felsenstufen nass und trocken, Weichsand, Schlamm und steile Betonpisten bei Regen. Die grosse Stärke der Enduroreifen von Michelin – ihre hohe Performance unter den unterschiedlichsten Bedingungen – weist also auch die neue Generation auf. Für Hobbyfahrer, die nicht mehrere unterschiedlich bereifte Rädersätze zur Auswahl haben, ein wichtiger Pluspunkt.
Nach 1000 km in Marokko sahen die Reifen noch soweit akzeptabel aus, dass Rolf damit auch noch die beiden Osterkurse als Tourguide in Angriff nahm, teilweise als Vorfahrer von Gruppen, die ordentlich Gas gaben. So kamen mit dieser Reifenpaarung rund 1700 km zusammen. Wenn wir jetzt schreiben würden, die Reifen hätten bis zum Schluss die volle Performance gebracht, würden uns die fachkundigen Leser dieses Newsletters – also alle – auslachen. Der hintere Reifen zeigte sich stark abgenutzt, überzeugte im Driftverhalten nicht mehr restlos und war darum im Kurvenausgang mit Vorsicht zu geniessen. Weil es nicht regnete, reichte die gebotene Traktion auch in erdigen Trialpassagen aus. Am vorderen Reifen zeigten die äusseren Stollenreihen Ausfallerscheinungen – nicht verwunderlich angesichts des steinigen Terrains der Ardèche. Eine erdige Sonderprüfung könnte damit auch ein Spitzenkönner nicht mehr gewinnen, doch blieb das Fahrverhalten erstaunlich tückenfrei. Ob der Vorderreifen in harter Mischung noch länger gehalten hätte? “Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber auf das gute Gefühl fürs Vorderrad, das der Michelin Enduro Medium vermittelt, möchte ich nicht mehr verzichten”, sagt Rolf.
Die Mousse sind etwas weicher geworden, aber noch soweit in Form, dass man sie mit neuen Reifen nochmals montieren kann. Mit anderen Worten: der Test ist noch nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie lange sich die Mousse halten.
Von Dirks Einsatz gibt es ein YouTube-Video: Besonders sehenswert die Passage bei 03:50, wo Dirk einen reissenden Fluss durchquert und ein anderer Fahrer (ein regelmässiger Teilnehmer bei Dany Wirz Offroad) weggeschwemmt und von Dirk geborgen wird. Dirk hätte den Unglücklichen aber auch rausgeholt, wenn er nicht schon mit uns in der Ardèche gefahren wäre.